Malzhausen - Mit dem Rauch seiner Imkerpfeife simuliert er einen Waldbrand. Reflexartig ziehen sich die Bienen in ihren Stock zurück und beginnen sich mit Honig vollzusaugen – für den Fall, dass sie fliehen müssen. Martin Neumann kann jetzt in Ruhe arbeiten.
Über seinen Vater ist er vor drei Jahren „so reingerutscht in die Imker-Sache“ – und merkte schnell: die Bienen und er, das passt. Was damals mit einem Kurs für Jungimker und der erforderlichen Grundausstattung begann, hat sich inzwischen zur echten Leidenschaft entwickelt. Heute besitzen Vater und Sohn insgesamt sieben Bienenvölker.
Mit Fingerspitzengefühl zieht Martin Neumann eines der Rähmchen aus dem Bienenkasten heraus. Das Summen wird lauter. Stolz präsentiert der Bauer-Mitarbeiter seine Bienenschar. Mittendrin im gelb-braunen Gewusel sitzt ein Tier, das etwas größer ist und einen längeren Hinterleib hat. Es bewegt sich nur langsam. Alle anderen scharen sich um diese Biene, die mit einem gelben Punkt auf dem Rücken markiert ist – das muss sie sein, die Königin.
Ein Bienenvolk besteht fast ausschließlich aus unfruchtbaren Weibchen, den Arbeiterinnen. Sie erfüllen viele verschiedene Aufgaben, von der Brutpflege bis hin zum Futtersammeln. Das einzige vermehrungsfähige weibliche Wesen in einem Bienenvolk ist die Königin. Und männliche Tiere, die sogenannten Drohnen, gibt es nur für ein paar Wochen im Jahr. Sie haben nur einen Lebenszweck: die Königin auf ihrem Hochzeitsflug zu begatten. Und dabei sterben sie. Dabei ist das Leben einer Königin wenig königlich, denn im Grunde genommen ist sie nur eine Eierlegemaschine.
Am geschlossenen, leicht eingefallene n Wachsdeckel der Wabenzellen erkennt Martin Neumann, dass der Honig reif ist. Es ist Ende Juli, die dritte und letzte Ernte für dieses Jahr kann beginnen. Der Hobby-Imker „entdeckelt“ die Waben mit einem speziellen Werkzeug – entfernt also das Wachs, das die Bienen zum Schutz ihres Honigs aufgetragen haben. Dabei lässt er den Bienen einen Teil des Honigs im Bienenstock zurück, damit sie über den Winter nicht hungern müssen.
Blüten sind eine Erfindung der Pflanzen für die Bienen. Sie wollen ihnen sozusagen gefallen, denn ohne die Bienen könnten sie sich nicht vermehren. Zur Belohnung gibt es den süßen Nektar. Nebenbei bleiben an den Bienen Pollen hängen, die sie dann zur nächsten Pflanze tragen – ein Tauschhandel also.
Der Honigtau, die süß-klebrige Ausscheidung der Blattlaus, ist für die Biene die zweite Zuckerquelle. Sie lagert den süßen Honigtau in ihrem Magen und mischt der Zuckermasse Enzyme bei, die den Honig später so wertvoll machen. Der Rohhonig wird in den Waben des Bienenstocks eingelagert. Ist der Honig trocken genug, werden die Waben mit Wachs versiegelt. Jetzt greift der Imker ein.
Für ihn steht nun der wichtigste Vorgang an: Honig schleudern. Er gibt die Waben in eine zylinderförmige Trommel. Die wird über einen Antrieb gedreht. Durch die Zentrifugalkraft spritzt der Honig aus den Waben an die Innenwand der Trommel und läuft dann in den Auffangbehälter. Damit ist die Arbeit jedoch nicht getan: Drei Wochen lang muss der Honig jetzt gerührt werden, damit der Zucker darin nicht zu fest kristallisiert und der Blütenhonig ungenießbar wird.
Auch Martin Neumann hat mit denselben Problemen zu kämpfen wie alle Imker. Zum Beispiel mit der Varroa-Milbe, einem Parasiten aus Asien. Wie Vampire saugen sich die Milben an den Bienen und vor allem deren Brut fest. Diese sind dadurch geschwächt und anfälliger für Krankheiten, viele sterben. Ein weiteres Problem: Es fehlt die Nahrung. Es gibt auf dem Land längst keine Blütenvielfalt mehr, Beispiel: Raps. Ist der verblüht, bleibt für die Biene nichts.
Ende August werden die Tage wieder merklich kürzer. Während die meisten noch in vollen Zügen den Sommer genießen, beginnt für die Bienen die Vorbereitung für den Winter. Auch Martin Neumann hat jetzt alle Hände voll zu tun, seine Bienenstöcke für die nächste Überwinterungszeit einzustellen. „Mit einer guten Vorbereitung kann man seine Bienen fit halten und gut über die kalte Jahreszeit bringen“, sagt er. „Das ist die Voraussetzung dafür, dass die Bienen im Frühjahr wieder ein gesundes Volk bilden können.“ Für die Zeit, in der sich die Bienen nicht draußen auf Futtersuche begeben können, füttert Martin Neumann mit Zuckerwasser zu und auch die Zeit der ersten Varroa-Behandlung steht jetzt an. Seine Bienenvölker sollen schließlich gesund durch den nächsten Winter kommen. Der kann jetzt kommen.